Die Friedersdorfer Siedlung

eine kleine Chronik

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Die Flurgrenzen

Ortsteil Friedersdorf Siedlung an der Kamenzer Straße

Nach der Einrichtung der Agip-Tankstelle an der Kamenzer Straße wurde verschiedentlich die Frage gestellt, ob diese wirklich auf der Flur Friedersdorf stehe und nicht auf Pulsnitzer Flur.

Der Verlauf der Flurgrenze ist in diesem Gebiet etwas schwer zu beschreiben, weil die Pulsnitzer Flur (frühere Rittergutsflur) dort einen eigenartigen Zipfel in die Friedersdorfer Flur vorschiebt. Von der Hartbachmühle her kommt die südliche Friedersdorfer Flurgrenze am Waldsaum entlang bis zum ehemaligen Bahnwärterhaus nordöstlich des Pulsnitzer Bades. Das Bahnwärterhaus gehörte früher noch zu Friedersdorf und kam erst im Jahre 1965 im Austausch gegen die Hartbachmühle zu Pulsnitz. Die Flurgrenze läuft nun an der Bahnlinie entlang nordwärts bis kurz vor die Weiße Brücke, biegt hier im rechten Winkel ab zur Kamenzer Straße und geht dann an der Straße wieder zurück in Richtung Pulsnitz bis zum Waldschlößchen auf der westlichen und auf der östlichen Straßenseite weiter bis zur Agip-Tankstelle, dann hinter den bereits bebauten Wohngrundstücken entlang bis an die Grundstücke hinter der ehemaligen Konsum-Verkaufsstelle, um hier wieder in die östliche Richtung bis zum Waldrand zu schwenken. Am Waldrand geht sie wieder nordwärts, schneidet den Waldzipfel gegenüber vom Waldschlößchen. Auch die Bungalowsiedlung an diesem Waldzipfel und die Erholungsgärten ca. 250 m nördlich davon gegenüber der Friedersdorfer Siedlung gehören zur Flur Friedersdorf, die hier nun an die Flur Steina grenzt. Im Bereich der Friedersdorfer Siedlung werden wieder die Kamenzer Straße und die Bahnlinie gequert. Drei Häuser der Siedlung gehören zur Flur Steina. Westlich der Bahn zieht sich die Flurgrenze dann durch die Waldstücken in Richtung Oberlichtenau.

Die Friedersdorfer Siedlung wurde 1928/29 vom Landvermesser Kolbe aus Pulsnitz mit zwei Siedlungsstraßen rechtwinklig zur Kamenzer Straße und parallel zu ihr entworfen, da ein Friedersdorfer Bauer dieses Land kaufen wollte. Das Gelände sollte dem Kleinwohnungsbau (Ein- und Zweifamilienhäuser) dienen, und es wurde eine Grundstücksgröße von etwa 700 m² für jede Baustelle geplant. Da in dieser Zeit stärkere Nachfrage nach nicht zu teurem Bauland herrschte, fanden sich bald Käufer, und in den Jahren bis 1938 wurden die meisten dieser Häuser gebaut.

Die Bewässerung wurde durch Hausbrunnen geschaffen und die Abwässer durch 5 bis 6 m tiefe, mit Zementringen ausgemauerte Sickergruben beseitigt, die aber im Laufe der Jahre stark versotteten und Vergiftungen des Untergrundes befürchten ließen-. Der ursprünglich von Landvermesser Kolbe geplante Bau einer Abwasserleitung musste jedoch unterbleiben, da die Eisenbahn die Aufnahme des Abwassers in ihre Abzugsgräben nicht gestattete und auch später entsprechende Anträge der Siedler und auch der Gemeindeverwaltung Friedersdorf abschlägig beschied. Die Probleme der Be- und Entwässerung setzten so der weiteren Entwicklung dieses Wohngebietes Grenzen, und es konnte nach 1945 zunächst nur noch ein Haus neu gebaut werden. Auch wegen Schwierigkeiten der Energieversorgung mußten bauwillige Interessenten abgewiesen werden.

Erst als um 1984/85 die Energieversorgung durch den Bau einer neuen Transformatorenstation und die Regelung der Abwasserfrage durch den Bau einer gemeinschaftlichen Kläranlage in Gang kam, war der Weg zum Bau weiterer Siedlungshäuser geöffnet. Die Abwasserkläranlage wurde mit den erforderlichen Rohrleitungen in den Jahren 1985/86 in über 5000 freiwilligen Arbeitsstunden der Einwohner in Eigenleistung mit Unterstützung von der damaligen zwischenbetrieblichen Baueinrichtung „Agrobau" Kamenz nach einem Projekt und unter Bauleitung des „VEB Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Radeberg" errichtet. Besonders taten sich dabei die Rentner Paul Ullrich, Erich Kühne, Hermann Schöninger und Helmut Schmidt hervor, die ohne Rücksicht auf Regen, Frost oder Hitze täglich bei den Bauarbeiten anzutreffen waren. Ebenso wurde 1987/88 die Pulsnitzer Wasserleitung vom Waldschlößchen her bis in die Haushalte der Friedersdorfer Siedlung verlängert.

Die Bungalowsiedlung gegenüber dem Waldschlößchen entstand etwa ab 1980 und um die gleiche Zeit auch die Erholungsgärten an der Flurgrenze zu Steina. Einer der Gärten wurde 1990/91 umfunktioniert zu einer Verkaufsfläche des Autohauses Franke, Bischofswerda.

Innerhalb kurzer Zeit wurde 400 m südlich davon die moderne Tankstelle gebaut und am 26.5.1992 eröffnet. Obwohl aus der Einwohnerschaft des Wohngebietes teilweise Protest laut wurde, war das sicher auch ein Schritt in der weiteren Entwicklung der Bebauung dieses Teils der Friedersdorfer Flur. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde Friedersdorf sind das Gebiet der Friedersdorfer Siedlung und die Flurstücken östlich der Kamenzer Straße hinter der Tankstelle als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Infolge der zunehmenden Verschmelzung mit der Waldschlößchensiedlung Pulsnitz ist es integriert in die Vorstadtbebauung, und es ergeben sich enge Beziehungen zur Stadt. Die in diesem Jahr beschlossene Verwaltungsgemeinschaft für Pulsnitz und Friedersdorf wird sicherlich der weiteren Entwicklung förderlich sein.

Horst Oswald

Quelle: Pulsnitzer Anzeiger 03/1993 (offensichtliche Fehler beseitigt, Orthografie aktualisiert)

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