Die Friedersdorfer Siedlung

eine kleine Chronik

oe schild
© Andreas Garten 2017 - 2024

Bevor das Kabelfernsehen die Siedlung erreichte

Das Informationsbedürfnis der Siedler war seit jeher groß. Der schnellste Informationsfluss war schon immer die Verbreitung der Neuigkeiten über den Gartenzaun. Das funktioniert auch noch in der Zeit des Kabelfernsehens oder des Satellitenfernsehens und des Internets. Aber nicht alle Nachrichten waren auf diesem Wege zu erfahren. Hier spielte in den ersten Jahren der Existenz der Siedlung natürlich auch der Rundfunk eine große Rolle. War es am Anfang der sogenannte Volksempfänger, so kamen nach und nach anspruchsvolle Radios oder Rundfunktruhen in die Wohnzimmer.

Die Informationen der „anderen Seite“ spielten schon immer eine große Rolle. In den Zeiten, als außer der Langwelle und Kurzwelle nur der Empfang über die Mittelwelle möglich war, spielten der Sender RIAS (Radio im amerikanischen Sektor) in Berlin oder der SFB (Sender Freies Berlin) eine Rolle als Informationsquelle. Stündlich zu den Nachrichtenzeiten versuchte ein Störsender die Informationen zu unterdrücken. Mit der Ausstrahlung und dem Empfang über UKW war dann dieses „Hindernis“ gegenstandslos.

Seit Mitte der 50er Jahre sind auf der Siedlung auch die ersten Fernsehgeräte in Betrieb, Hierbei hatte derjenige einen Vorteil, der im Sachsenwerk Radeberg / RAFENA Radeberg arbeitete oder entsprechende Beziehungen zu einem Arbeiter hatte. Natürlich gehörte auch ein entsprechendes Einkommen oder Sparguthaben dazu.

Bei Familie Freudenberg (Hausnummer 32) stand einer der ersten Fernsehgeräte.

Im Jahre 1957 trafen sich die Kinder der Siedlung Samstag Nachmittag bei Familie Füssel, um die Sendungen des Kinderfernsehens des Deutschen Fernsehfunks mit Meister Nadelöhr auf dem „Rembrandt“ zu sehen, natürlich in schwarz-weiß und auf einem sehr kleinen Bildschirm. Aber das störte uns Kinder nicht.

Der Empfang erfolgte damals noch vom Fernsehsender in Wahnsdorf bei Radebeul. Mit der Inbetriebnahme des Fernsehturmes auf der Wachwitzer Höhe waren die wenigen Fernsehantennen neu einzurichten. Aber diese „Drehung“ der Antenne war später dann auch notwendig, wollte man versuchen, eine Sendung des „Klassenfeindes“ zu sehen. Deshalb wurden die Antennen bei den meisten Einwohnern gleich drehbar vorbereitet.

antenne70
Antennenanlage im Jahr 1970

antenne77
Antennenanlage im Jahr 1977

Zum Empfang des Fernsehprogrammes gehörte jedoch viel Glück in Form einer günstigen Wetterlage. Das Umschalten von Kanal 10 auf Kanal 7 war einfach, die Einrichtung der Antenne jedoch nicht so leicht. Viele Einflüsse wirkten auf das teilweise schlechte Fernsehbild. Aber wenn dann einmal die Richtung stimmte, ging das Drehen dann sehr schnell, die Übung macht den Meister…

av7Antennenverstärker aus dem Hause RFT
für den ARD-Kanal 7
 

Auf unserer Siedlung waren die Störeinflüsse des Fernsehumsetzers Bautzen teilweise nicht zu bemerken. Zur Verstärkung des Fernsehsignals wurden alle möglichen Versuche unternommen. Neben den Versuchen mit Stanniolpapier von Schokolade bis zu selbst gebauten Verstärkern in allen Größen gab es aber auch industriell hergestellte Verstärker speziell für den Kanal 7 von der Firma RFT.

Der Verstärker war aber nur in der Lage, ein vorhandenes Fernsehsignal zu verstärken, war ungünstiges Wetter, half er auch nicht. In den Betrieben verabschiedete man sich nach Arbeitsende mit dem Ausspruch „Schönen Feierabend und gutes Westbild!“

Erst mit einer Richtung Berlin gerichteten Antenne auf dem Dach war die Wahrscheinlichkeit eines besseren Fernsehempfanges vom SFB, dem ersten Fernsehprogramm, gegeben. Das ZDF (Zweites Deutsches Fernsehen) war nicht zu empfangen, da auf demselben Kanal (33) das tschechische Fernsehen „von der Rückseite“ sendete. Für den späteren Empfang des 3.Programmes auf Kanal 39 war dann schon ebenfalls eine gerichtete UHF-Antenne erforderlich. Auch das war dann Glückssache, Berlin war eben zu weit weg und die Siedlung näher am „Tal der Ahnungslosen“.

(WU, 11.03.2021)

 

Wir benutzen Cookies
Wir nutzen lediglich technisch notwendige Cookies. Mit der Nutzung unserer Webseite erklären Sie sich damit einverstanden.