Die Friedersdorfer Siedlung

eine kleine Chronik

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© Andreas Garten 2017 - 2024

Ein Öltanker auf der Siedlung

Zu DDR-Zeiten war fast alles knapp, natürlich auch die Kohlen. So gab es bis in die 80er Jahre in der DDR Kohlenkarten. Mit diesen wurde für jeden Haushalt die Menge an Kohle zugeteilt, die man staatlich subventioniert im Jahr kaufen konnte. War diese Hürde genommen, hieß es bald:  Die Kohlen kommen! Das bedeutete für viele Siedler Schwarzarbeit. Die lose Ladung wurde vor dem Haus vom LKW auf die Straße gekippt. Der Rest war Sache des Bewohners. So hatte die ganze Familie etwas zu tun.

Je nach Größe des Hauses waren es 40-80 Zentner. Das ist ungefähr die Menge, die auf der Ladefläche eines W50-Kippers Platz hatte. In Körben oder über Rutschen durch enge Kellerfenster mussten die Briketts in den Kohlenkeller transportiert werden. Hatte man Glück und es gab "große" Briketts, so wurden diese im Keller oft gestapelt - eine ideale Arbeit für die Kleinsten. Nach mehreren Stunden war der Kohlehaufen in den Keller verlagert. Übrig blieb eine von Jahr zu Jahr größer werdende Menge an Abrieb. Auch dieser wurde oft eingelagert und übers Jahr verteilt durch den Ofen geschickt. Dann kam die große Stunde des Badeofens. Größere Elektrospeicher gab es zwar, jedoch durften diese wegen des schwachen Stromnetzes nicht eingebaut werden. Also wurde der Badeofen noch mit den alten Kohlen angefeuert und einer nach dem anderen stellte seine ursprüngliche Hautfarbe wieder her - solange das warme Wasser reichte.

Waren es zu Beginn noch Holz und Kohle, die zum Heizen der Wohnungen verwendet wurden (eigentlich waren es ja nur einzelne Räume), so löste das Heizöl die traditionellen Energieträger ab 1990 mehr oder weniger schnell ab. Ein Siedler nach dem andreren entschied sich für die flüssige Kohle. Erdgas steht auf der Siedlung nicht zur Verfügung und andere Energieträger (Flüssiggas, Elektroenergie) sind für Heizzwecke zu teuer. Für moderne Heizanlagen, die ausschließlich mit regenerativen Energieträgern arbeiten, sind die Häuser energetisch nicht geeignet. Zu deren Bauzeiten war an Wärmeisolationen, wie wir sie heute für Neubauten kennen, noch nicht zu denken.

Das Reinschaffen der "Kohlen" war plötzlich in 10 Minuten erledigt. Kein Kohlestaub, kein Familien-Arbeitseinsatz bei Hitze oder Regen oft bis in die Nacht mehr. Und wesentlich teurer war es auch nicht, sieht man mal von den Umstellungskosten von Ofen- auf Zentralheizung ab. Auch die Abgase rochen plötzlich ganz anders. Kein dunkler, nach Schwefel riechender Qualm mehr, der auf dem Schornstein quillt. Statt dessen eine kleine, an Wasserdampf erinnernde Fahne, die oft nur bei Frostgraden sichtbar wird. Auch die Arbeit des Schornsteinfegers hat sich geändert. Kehren ist fast zur Nebensache geworden. Billiger ist dessen jährlicher Besuch trotzdem nicht geworden.

Je mehr Siedler ihre Heizung auf Öl umgestellt hatten, desto interessanter wurden Sammelbestellungen. Veronika Kachlock organisierte und organisiert diese Bestellungen in der Regel zweimal im Jahr. Und dann kommt er - der Öltanker. Zwischen 20.000 und 30.000 Liter verteilt er gewöhnlich auf der Siedlung. Inzwischen kennen sich Fahrer und Siedlungsbewohner schon. Ein kleines Pläuschchen während des Betankens ist immer drin. Dann geht's weiter zum nächsten Abnehmer. Und wenns bei einem Siedler zeitlich mal nicht passt, so ist Nachbarschaftshilfe kein Problem. So sind beide Seiten Gewinner: Die Siedler sparen durch die Sammelbestellung mehrere Cent pro Liter, was sich bei einer vierstelligen Literzahl pro Abnehmer schon bemerkbar macht. Und der Fahrer muss keine großen Wege zwischen den Abnahmestellen fahren. Höchstens mal zum Umpumpen aus dem Hänger, denn den kann er auf der Siedlung nicht angehängt lassen.

Heizoelpreis
Entwicklung des Heizölpreises (brutto) ab 1996 bei unseren Sammelbestellungen

Seit im Jahr 2021 die Preise für Öl, Gas und Elektroenergie explodierten, befasste sich so mancher Hauseigentümer nun doch mit einer energetischen Sanierung seines Hauses oder zumindest mit dem teilweisen Einsatz von Solartechnik zur Minderung seiner Energiekosten. Aber auch das scheint nur auf den ersten Blick billiger zu sein. Anschaffungs- und Wartungskosten der modernen Technik in den Bestandsbauten gleichen den Preisanstieg der herkömmlichen Energieträger nur in den seltensten Fällen aus. 

(AG 11.03.2023)

 

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