Die Glasfaser kommt
Bis zum Ende der DDR gab es lediglich 2 Häuser der Friedersdorfer Siedlung, die über einen Telefonanschluss verfügten:
- Haus Nr. 10: die ehemalige Gärtnerei Noack als Gewerbebetrieb
- Haus Nr. 32: Lehmer/Freudenberg als öffentliche Fernsprechstelle
Da die Friedersdorfer Siedlung verständlicher Weise nicht auf den ersten Plätzen der Dringlichkeit stand, zog sich die "telekomische" Erschließung nach der politischen Wende noch etwas hin. So dauerte es bis 1992, bis die neuen Kupferkabel in der Erde und bis in die einzelnen Häuser verlegt wurden. Damit war die Friedersdorfer Siedlung endlich auch ein Teil des damals modernsten Telefonnetzes.
Etwa ein Jahr später konnte man die Vorgänger des heutigen Internets via Telefonnetz nutzen. Damals hieß das System BTX und stand für Bildschirmtext. Das Angebot kann man in seiner Optik mit dem traditionellen Videotext des Fernsehens vergleichen: nur Zahlen und Buchstaben, Mausbedienung oder Grafiken kannte man noch nicht. Die Übertragungsgeschwindigkeiten lagen deutlich unter 10 kbit/s, die Regel waren 2,4 kbit/s. Eine DIN-A4-Seite (nur einfarbiger Text, keine Bilder!) wurde in ca. 10-20s übertragen, also geringfügig schneller als mit dem Faxgerät. Heute wird in dieser Zeit der komplette Duden mit seinen über 1500 klein bedruckten, hauchdünnen Seiten übertragen.
Mit der Zeit stiegen Ansprüche, Angebote und Datenmengen. Doch die Physik setzt nunmal Grenzen. Mehr als 8000 kbit/s sind auf der Siedlung nicht erreichbar. Die Kupferleitung bis zur Pulsnitzer Vermittlungsstelle (das kleine, weiße Gebäude zwischen dem REWE-Markt und dem Dänischen Bettenlager) ist einfach zu lang. Es musste also zwingend eine andere Übertragungstechnik gefunden werden. Der Landkreis Bautzen entschied sich in seiner Sitzung am 26.03.2018 in unserem Gebiet für die Glasfasertechnik der Deutschen Telekom. Die technologische Umsetzung erfolgt durch das FTTB-Verfahren (Fibre to the Building), also Glasfaser bis ins Gebäude. Das bedeutet jedoch die Verlegung neuer Leitungen im Erdreich. Es wird also nicht zu verhindern sein, dass die Straßen und Gehwege wieder aufgerissen werden. Bis Ende 2019 soll alles erledigt sein. (...sagt zumindest die Politik...)
Wie weit die Planung ist, kann man unter www.breitband-bautzen.de verfolgen. Dort ist auch eine Karte zu finden, die in der entsprechenden Zoom-Stufe alle für den Glasfaseranschluss vorgesehenen Häuser zeigt.
An dieser Stelle ein kleiner chronologischer Abriss:
wann? |
was? |
||||||
September 2018 |
Die Telekom schreibt alle Hauseigentümer an und erfasst so den Bedarf an Anschlüssen. Gleichzeitig erlaubt der Hauseigentümer, dass die Techniker die Glasfaser bis in die Wohnung verlegen. Wichtig: Nur wer das Schreiben ausgefüllt zurück schickt, bekommt die technische Möglichkeit eines Glasfaseranschlusses und damit schnelles Internet (unabhängig davon, ob man Telekom-Kunde ist oder nicht) ohne Zusatzkosten. Wer sich später dafür entscheidet, darf einen Anschlussbeitrag am Ende des dreistelligen Bereichs berappen... |
||||||
15. Januar 2019 |
Im Schützenhaus Pulsnitz finden wegen der erwarteten großen Teilnehmerzahlen gleich zwei Informationsveranstaltungen statt (17 und 19 Uhr). Hier die wichtigsten Informationen in Kurzform (alle Angaben ohne Gewähr):
|
||||||
01. September 2019 |
Nun werden die Termine schon etwas konkreter. Im "Pulsnitzer Anzeiger" ist zu lesen, dass die Verlegearbeiten der Glasfaserleitungen auf der Friedersdorfer Siedlung im Zeitfenster 19.08. - 25.10.2019 eingeordnet wurden. |
||||||
04. Oktober 2019 |
Es geht los. Die ersten Arbeiten beginnen. Auf den Plänen sind die Leitungen, Abzweigmuffen und Leerrohre zwar eingezeichnet, aber liegen sie wirklich dort? Das gab es schon manche Überraschung. |
||||||
ab 05.November 2019 |
Nachdem fast ein Monat vergangen war, rückten die kleinen Bagger an. Der "Buschfunk" hatte uns schon vorgewarnt: Die Firma buddelt bis ans Haus einfach los, eine ordentliche Information der Anwohner gab es im Vorfeld nicht. So war es durchaus normal, dass man morgens gerade noch mit dem Auto vom Grundstück kam und abends vor dem gerade behelfsmäßig verfüllten Graben stand. Aber eine Sache muss man den Bauleuten bescheinigen: Schnell waren sie!
|
||||||
ab März 2020 |
Wenn man sich für die Umstellung auf Glasfaser entscheidet, ist Eigeninitiative angesagt:
|
Ein Blick in die Glasfasertechnik
Seit der Erfindung des Telefons wird der elektrische Strom zur Übertragung der Sprache, später auch zur Übertragung der zuerst analogen, später dann digitalen Signale verwendet. Damit ließen sich die Informationen wesentlich schneller, weiter und vor allem witterungsunabhängig über riesige Entfernungen transportieren als zuvor mit Postkutsche, Licht- oder Rauchsignalen. Im Laufe der Zeit mussten aber immer mehr Informationen immer schneller übertragen werden. So kam man sehr schnell an die technischen und vor allem physikalischen Grenzen dieser Übertragungstechnik. Je größer die Entfernung zwischen Vermittlungsstelle und Endgerät ist, desto mehr Verluste und Störungen treten unterwegs auf. Und bei ca. 2km Leitungslänge und einem Leitungsdurchmesser von 0,6mm ist nunmal bei 6-8 MBit/s diese Grenze erreicht.
Ganz anders bei der Glasfaser. Hier wird kein Strom verwendet, sondern Licht. Jedem Anschluss (Haushalt) wird eine ganz bestimmte Lichtfarbe zugeordnet. Ähnlich den Morsezeichen werden die Informationen per Lichtsignal mit genau dieser Farbe übermittelt, nur mit wahnsinnig großer Geschwindigkeit. Eine zweistellige Milliardenzahl von Lichtimpuslen pro Sekunde ist kein Problem und üblich. Der Glasfaser ist es egal, welche Lichtfarben sie überträgt - auch alle gleichzeitig. Prismen sorgen für das Zusammenführen und Trennen der einzelnen Farben in den Verteiler- und Vermittlungsstellen. Das Grundprinzip kennen wir vom Regenbogen. Die Wassertropfen teilen das Licht der Sonne in seine einzelnen Farben auf. Das funktioniert natürlich auch umgekehrt. Und da die Glasfaser dem Licht nahezu keinen Widerstand entgegensetzt, können Entfernungen von vielen Kilometern ohne zusätzliche Baugruppen überbrückt werden.
Ein Glasfaserkabel, wie es auf der Siedlung in die Häuser verlegt wurde. Die 12 Glasfasern befindet sich in der roten Schutzhülle. Das Kabel sieht hier auf dem Bild sehr dick aus, ist jedoch ist nicht dicker als ein normaler Bleistift. |
Von der Schutzhülle befreit kann man die 12 bunten Glasfasern erkennen. Jede Faser ist mit einem Außendurchmesser (Glasfaser mit farbiger Umhüllung) von 0,125 mm etwa so dick wie ein Haar und entspricht einem Hausanschluss. Alle anderen Teile sind nur zur mechanischen Stabilität des Kabels da und haben übertragungstechnisch keine Funktion. Das Erdkabel endet bei den meisten Häusern im Hausübergabepunkt, der sich als kleiner Kasten an der Kellerwand befindet. Will man den Glasfaseranschluss nutzen, muss man beim Anbieter seiner Wahl einen entsprechenden Tarif buchen. Es wird ein Techniker kommen, der die Glasfaserleitung von diesem "Kellerkästchen" bis in die Wohnung weiterführt. Den dafür notwendigen Kabelweg sollte man genau wie die für das Glasfasermodem notwendige Steckdose zuvor selbst herstellen (lassen) - das macht der Techniker nämlich nicht! In der Wohnung wird dann oft in der Nähe der schon vorhandenen Telefondose ein Glasfasermodem (Bild rechts) an der Wand montiert, das die Lichtsignale in elektrische Signale umwandelt. Dieses Modem verbindet man dann mit dem schon vorhandenen Internet-Router. Diesen kann man fast immer weiter benutzen, er muss lediglich etwas anders eingerichtet werden. Das war's schon! Weitere Änderungen sind nicht erforderlich.
Natürlich kann man den bisherigen Kupferdraht-Anschluss weiterhin benutzen, wenn man mit der bisherigen Geschwindigkeit zufrieden ist. Aber wer ist das schon...
(AG, 16.02.2020)